Speech van minister-president Rutte op de bijeenkomst van de fractiebesturen van de CDU/CSU en de SPD in het Duitse Rust.

Toespraak van minister-president Rutte op de bijeenkomst van de fractiebesturen van de CDU/CSU en de SPD in het Duitse Rust op 19 april 2016.Deze toespraak is alleen in het Duits beschikbaar

Herr Kauder,
Herr Oppermann,
meine Damen und Herren,
liebe Freunde!

Wir sind hier im Europapark, der für seine atemberaubenden Achterbahnen bekannt ist. Das kann Zufall sein, aber die Parallele zu den europäischen Aktualitäten drängt sich natürlich auf. Wir drehen in der Europäischen Union einen Looping nach dem anderen, und es bleibt kaum Zeit, Atem zu holen und sich einmal in aller Ruhe umzuschauen.

Umso mehr Grund haben wir, uns doch einmal ein wenig Zeit zu nehmen. Und umso größer ist die Freude, heute mit Ihnen darüber zu sprechen, was uns im europäischen Rahmen beschäftigt oder beschäftigen sollte. Vielen Dank für die Einladung und für Ihren freundlichen Empfang!

Ich bin hierhergekommen als amtierender Vorsitzender des Rates der Europäischen Union. Aber ich stehe hier natürlich auch als Ministerpräsident eines befreundeten Nachbarlandes, das sich durch lange und tiefe Beziehungen mit Deutschland verbunden weiß: wirtschaftlich, kulturell, politisch und, in der Tat, auch als Gründungsmitglied der Europäischen Union. Deutschland und die Niederlande gehören zu den sechs Ländern, die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg das Fundament für die heutige Union gelegt haben.
Daraus erwächst nicht nur eine historische Verbundenheit, sondern auch eine gemeinsame Verpflichtung für die Zukunft.

In all den Jahren haben unsere Länder immer hervorragend zusammengearbeitet – bis auf wenige Ausnahmen. So gibt es eine herrliche Anekdote aus jenen frühen Jahren der europäischen Zusammenarbeit über Konrad Adenauer und den niederländischen Außenminister Joseph Luns. Die beiden gerieten immer wieder aneinander, weil sie charakterlich nicht harmonierten. So wenig, dass Adenauer in einem Pressegespräch einmal seinem Missmut mit folgenden Worten Luft machte: 'Wissen Sie, wenn ich mal ganz unglücklich bin, mir alles schiefgeht, und ich nicht mehr ein noch aus weiß, dann tröste ich mich mit dem Gedanken, dass es einen Menschen gibt, der noch unglücklicher ist als ich, und das ist die Frau Luns.'

Ende des Zitats.

Ich kann Ihnen versichern: dies ist die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigt. Angela Merkel und ich, die deutschen und die niederländischen Kabinettsmitglieder sind wirklich nicht immer einer Meinung, aber wir arbeiten eng und freundschaftlich zusammen, und wir sehen uns auch häufig. Mein Terminkalender ist der beste Beweis dafür. Morgen darf ich zunächst zu Angela Merkel sprechen, wenn ihr bei uns in den Niederlanden der renommierte Four Freedoms Award verliehen wird für ihre persönlichen Führungsverdienste in Europa. Danach finden in Eindhoven deutsch-niederländische Regierungskonsultationen statt, bei denen Mitglieder beider Kabinette zusammentreffen. Und am Sonntag und Montag bin ich wieder zu Gast auf der Hannover-Messe. Meine Mitarbeiter sprechen in diesem Zusammenhang gern von der 'deutschen Woche', und ich muss sagen: ich habe mich auf diese Woche gefreut.

Ich kann kaum genug betonen, wie sehr wir in den Niederlanden die Zusammenarbeit mit Ihnen zu schätzen wissen. Das gilt auch und gerade jetzt, da wir uns als EU-Ratspräsidentschaft bemühen, eine Reihe komplexer Fragen in die richtigen Bahnen zu lenken. Deutsche Unterstützung ist dabei unverzichtbar.

Lassen Sie mich zunächst anmerken, dass die EU nicht nur in den Sachfragen – Binnenmarkt, Flüchtlingsproblematik, Euro – vor großen Aufgaben steht, sondern auch in puncto Akzeptanz und Rückhalt. Das Ergebnis des konsultativen Referendums in den Niederlanden über das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine ist ein wichtiges Signal. Jetzt kommt es darauf an, dass wir Schritt für Schritt und sehr sorgfältig nach einer Lösung suchen, die allen Positionen gerecht wird. Darüber sprechen wir jetzt in unserem eigenen Land, mit unseren europäischen Partnern und mit der Ukraine.

Dieselben europakritischen Stimmen und dieselben Zweifel am Nutzen der EU und an ihrer Fähigkeit, Probleme zu lösen, klingen auch durch beim bevorstehenden Referendum in Großbritannien und in einigen Ländern, in denen kürzlich Wahlen stattgefunden haben, darunter Spanien und Deutschland. Das lässt sich nicht auf Knopfdruck ändern, und die Antwort muss vor allem von der EU selbst kommen.

Erstens, indem sie dafür sorgt, dass ihre Institutionen besser und effizienter funktionieren, und daran arbeitet die Kommission ja bereits mit dem Programm für eine bessere Rechtsetzung. Zweitens – und das ist noch viel wichtiger –, indem sie konkrete Lösungen für konkrete Probleme bietet, pragmatisch und für alle sichtbar.

Und genau das ist mit wenigen Worten das Hauptanliegen der niederländischen Präsidentschaft. Als Land mit einer stark ausgeprägten Dialogkultur, in dem Koalitionsregierungen der Normalfall sind, wollen wir auch als EU-Ratsvorsitz eine Makler- und Vermittlerrolle übernehmen, wollen die Akteure zusammenbringen, Gegensätze überbrücken und Kompromisse schmieden. Schritt für Schritt und wenn nötig mit ein bisschen Druck, aber immer ergebnisorientiert. Und letzteres ist das, was die Menschen kennen und was sie auch erwarten dürfen.

Jeder weiß: die Flüchtlingskrise ist zurzeit das alles beherrschende Thema. Deutschland und die Niederlande haben sich von allem Anfang an gemeinsam für eine europäische Lösung starkgemacht. Und es ist wichtig, dass wir uns dabei auch weiterhin gegenseitig unterstützen, gerade jetzt, wo sich dank der Vereinbarungen mit der Türkei die Konturen einer solchen gemeinsamen Lösung abzeichnen. Eine lange Verhandlungsnacht inklusive einer kalten türkischen Pizza waren der Preis, den Angela Merkel und ich dafür zahlen mussten, aber die Mühen haben sich gelohnt. Wir haben das wirklich als Team gemacht, auch mit Donald Tusk und Jean-Claude Juncker. Und jetzt haben wir die Basis für eine Lösung, die fair ist, die das Geschäftsmodell der Schlepper untergräbt und die es möglich macht, der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten Gestalt zu verleihen.

Was den letzten Punkt angeht: Ihr Land hat im vergangenen Jahr 1,1 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Eine Zahl, die nicht nur Respekt abnötigt, sondern sofort auch deutlich macht, warum es so wichtig ist, dass jeder Mitgliedstaat im Rahmen der neuen Vereinbarungen seinen Beitrag zur Aufnahme von Flüchtlingen leistet.

Es geht nicht an, dass ein Land oder eine kleine Gruppe von Ländern – ich denke auch an Schweden, Österreich und die Niederlande – dauerhaft einen unverhältnismäßig hohen Anteil des großen Zustroms von Menschen, die nach Europa kommen, übernehmen. Das ist nicht gut für die EU, die auf gegenseitige Solidarität gebaut ist. Und es ist auch nicht gut für diese Mitgliedstaaten, da es die Belastbarkeit der Gesellschaft auf eine harte Probe stellt. Auch deshalb müssen wir alles daransetzen, das Abkommen mit der Türkei zu einem Erfolg zu machen.

Wir kämpfen an verschiedenen Fronten, und das wird vorerst auch so bleiben. Natürlich kommt es jetzt darauf an, die Vereinbarungen über die Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei und die Umsiedlung syrischer Flüchtlinge in die ganze EU zu realisieren. Das ist der Kern.
Aber wir müssen auch Griechenland helfen bei der Registrierung von Asylbewerbern und beim Aufbau menschenwürdiger Aufnahmestrukturen. Es ist wichtig, dass sich die Lebensbedingungen der Flüchtlinge in der Türkei und in anderen Ländern der Region – Libanon, Jordanien – stark verbessern. Und wir müssen für einen wirksamen Schutz der europäischen Außengrenzen sorgen. Nochmals: Das kann wirklich kein Mitgliedstaat allein leisten. Dies ist eine gemeinsame Aufgabe.

Meine Damen und Herren, wer die Nachrichten verfolgt, könnte fast meinen, die Migrationsfrage sei das einzige Thema, das uns in der EU beschäftigt. Und wenn wir ehrlich sind, war das in den letzten Monaten teilweise der Fall. Ich brauche aber nur an die Anschläge in Brüssel zu erinnern, um deutlich zu machen, wie wichtig es ist, dass wir auch auf dem Gebiet der Sicherheit gemeinsam voranschreiten. Brüssel, Paris, London, Madrid, Kopenhagen – es ist offensichtlich, dass unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung bedroht wird, und es ist ebenso offensichtlich, dass diese grenzüberschreitende Bedrohung eine internationale Antwort verlangt.

Doch lassen Sie uns bei all den zwingenden Aktualitäten nicht aus dem Blick verlieren, was ich als die wichtigste Aufgabe der Europäischen Union betrachte, nämlich mit Innovationen für Wachstum und Beschäftigung zu sorgen. Die europäische Wirtschaft hat die Krise überwunden, nicht zuletzt dank der ökonomischen Stärke Deutschlands, der größten Volkswirtschaft der EU. Aber die Wachstumsprognosen sind noch verhalten, die Unwägbarkeiten auf dem Weltmarkt sind groß, und die Arbeitslosigkeit ist in vielen Mitgliedstaaten nach wie vor hoch, vor allem die Jugendarbeitslosigkeit.

Die gute Nachricht ist, dass wir über einen unschlagbaren Trumpf verfügen. Und das ist der Binnenmarkt, der uns schon so viel Gutes gebracht hat und der noch so viele Möglichkeiten bietet. Besonders der Dienstleistungsmarkt und der digitale Markt bieten noch ein gewaltiges Potential.
Was mich im Vorfeld der niederländischen Ratspräsidentschaft besonders beeindruckte, war eine Studie des Europäischen Parlaments zum Thema »cost of non-Europe«, also über die Euros, die wir uns entgehen lassen, weil wir die Möglichkeiten des Binnenmarkts nicht voll ausschöpfen.

Meine Damen und Herren, halten Sie sich fest: wir reden hier von bis zu 1,25 Billionen Euro – pro Jahr wohlgemerkt. Das ist grob gerechnet das Doppelte der jährlichen Wirtschaftsleistung der Niederlande oder Nordrhein-Westfalens. Und damit geht es auch gleich um Millionen vollwertiger Arbeitsplätze in Zukunftssektoren wie den Unternehmensdienstleistungen und IKT in ihrem ganzem Spektrum.

Zweifellos hat man auch in Brüssel auf breiter Ebene erkannt, dass es dringend notwendig ist, die Anstrengungen für den Binnenmarkt zu verstärken. Die Europäische Kommission hat 2014 in diesem Punkt ehrgeizige Ziele formuliert. Der Europäische Rat hat im selben Jahr eine strategische Agenda verabschiedet, die nicht weniger ambitioniert ist. Und ich finde das positiv, denn es geht wirklich nicht nur um ein Lippenbekenntnis.

Fest steht: der Binnenmarkt kommt voran und wird auch stärker. Es geht nur nicht schnell genug, und der Betrag, den ich eben nannte – 1,25 Billionen Euro pro Jahr – zeigt die wirtschaftliche Dimension der Interessen, die hier im Spiel sind.

Und deshalb richte ich heute auch an Sie den Appell: Lassen Sie uns die formulierten allgemeinen Ziele in einer Umsetzungsagenda konkretisieren. Einer verbindlichen Agenda. Mit klaren Schritten und klaren Vereinbarungen darüber, was bis wann erreicht sein muss.
Und mit Mechanismen für eine Evaluierung, damit wir prüfen können, ob die Ziele auch erreicht werden.

Die Niederlande werden sich in der zweiten Hälfte ihrer Ratspräsidentschaft mit voller Energie dafür einsetzen, dem Binnenmarkt einen kräftigen Schub zu geben, und dafür werde ich mich auch ganz persönlich starkmachen. Aber auch hier gilt: dies ist eine gemeinsame Aufgabe, und es versteht sich von selbst, dass die Niederlande dabei gerne Seite an Seite mit Deutschland voranschreiten möchten.

Und lassen Sie mich auch in diesem Kreis noch einmal betonen, wie sehr ich hoffe, dass sich unsere Freunde in Großbritannien für einen vollwertigen Verbleib in der Europäischen Union entscheiden werden. In ihrem eigenen Interesse, im Interesse einer starken EU und sicher auch im Interesse von Ländern mit einer deutlich international ausgerichteten Wirtschaft wie Deutschland und den Niederlanden.

Auf dem Europäischen Rat vom 19 Februar haben wir mit den Briten Vereinbarungen getroffen, die meines Erachtens gut sind für alle 28 Mitgliedstaaten. Dabei geht es unter anderem auch wieder um den Binnenmarkt. Um ein besseres Gleichgewicht zwischen den nationalen Parlamenten und der europäischen Beschlussfassung. Und um Garantien für die soziale Sicherheit in den Mitgliedstaaten.

Es ist natürlich Sache der Briten, sich über dieses Ergebnis auszusprechen. Ich hoffe aber, dass eine Mehrheit erkennt, dass Großbritannien mit Europa stärker ist. Umgekehrt ist es genauso.

Meine Damen und Herren, liebe Freunde, dies war also der Auftakt zu meiner 'deutschen Woche'. Es wird Zeit, dass ich Ihnen das Wort überlasse und dass wir miteinander darüber sprechen, welche Schritte die EU als nächstes tun muss. Dabei sollten wir uns immer vor Augen halten, was die europäische Zusammenarbeit stets gewesen ist und auch in Zukunft bleiben wird: eine Kombination aus großen Zielen und Idealen und dem Bemühen, Schritt für Schritt praktische Fortschritte zu erreichen.

Und damit komme ich noch einmal auf Konrad Adenauer zurück, dem die Integration Deutschlands in ein gemeinsames Europa sehr am Herzen lag. Er dachte dabei in großen Dimensionen, blieb beim Lösungsweg jedoch immer ganz pragmatisch. So sagte er in einer seiner letzten Reden: 'Wenn nicht gleich die bestmögliche Lösung erreicht werden kann, muss man eben die zweit- oder drittbeste nehmen. Anfangen ist die Hauptsache.'

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns in genau diesem Geiste weiter zusammenarbeiten!

Ich danke Ihnen.